Bis zur Barockzeit eines der bedeutendsten und reichsten Klöster Bayerns


Man hat es hier, im tiefsten Niederbayern, die Bischofsstadt Passau
nicht weit, längst verschmerzt, dass man sein Dasein ausgerechnet den Franken zu verdanken hat, jenem Volksstamm also, der im Süden Bayerns noch immer oft der Gegenstand von Spott und Frotzeleien ist. Das Kloster Aldersbach aber, das ist urkundlich
verbrieft, gibt es heute nur deshalb, weil die Franken an diesem Ort großes Interesse hatten. Denn kurz nachdem durch Adelige aus der Region um 1120 hier ein Augustiner- Chorherrenstift gegründet worden war, übernahmen im Jahre 1146 die Zisterzienser des unterfränkischen Klosters Ebrach das Chorherrenstift und weihten es der Mutter Gottes. Im 13. und 14. Jahrhundert verfügte das
Kloster über ein bedeutendes Skriptorium und eine Goldschmiede-werkstatt. Danach folgte eine wechselvolle Geschichte, ehe sich
Aldersbach bis zur Barockzeit zu einem der bedeutendsten und reichsten Klöster in Bayern entwickelte. Hunderte von Bauern-höfen waren dem Kloster untertan, das Kloster betrieb selbst Steinbrüche, Fischzucht, Land- und Forstwirtschaft, eine Getreidemühle und nicht zuletzt eine Brauerei.
Zwischen 1669 und 1683 gab es in Aldersbach sogar eine Hochschule für Theologie und Philosophie, die der Abt Malachias Niederhofer ins Leben gerufen hatte. Darüber hinaus war Aldersbach ein Prälaten-kloster und hatte damit Sitz und Stimme in der politischen Vertretung des Landes. Die aus heutiger Sicht wichtigste Zäsur für das Kloster brachte das Jahr 1720, als mit dem Neubau der Klosterkirche Maria Himmelfahrt begonnen wurde. Die Zisterzienser waren auf dem
Höhepunkt ihres Einflusses und scheuten deshalb weder Kosten noch Mühen, um mit der neuen Kirche eines der prächtigsten Sakralgebäude des Barock zu errichten. Doch wollten sich die Klosterherren damit nicht zufrieden geben:
Es folgten der Bau der Prunksäle wie der Modlersäle und insbesondere des Fürstensaales, die zur 600-Jahr-Feier des Klosters im Jahre 1746 eingeweiht werden konnten. Der Fürstensaal wird wegen seiner Fresken, die Szenen aus dem Alten Testament (u.a. aus dem Leben König Salomons) zeigen, auch Salomonsaal genannt. Auf König Salomon ist die alttestamentliche Weisheitsliteratur zurück-
zuführen, was an jenem Deckenfresko deutlich wird, das den Rechtsstreit zweier Frauen um ein Kind darstellt. Als das Kind auf Befehl des Königs zweigeteilt werden soll, verzichtet die eine Frau auf ihr Kind und beweist so, dass sie die wahre Mutter ist. Zu sehen sind außerdem die Einweihung des Tempels von Jerusalem, der Empfang der Königin von Saba durch Salomon, das Heilige Zelt mit Bundeslade, der siebenarmige Leuchter und der Tisch mit den Schaubroten.



Weitere Fresken stellen die Verführung Salomons
zum Götzendienst durch seine heidnischen Frauen und die
biblische Weisheitsliteratur dar. Die Fresken aus dem Jahr 1745/46
werden dem Vilshofener Maler Andreas Math zugeschrieben. Heute finden in diesem Saal vor allem kulturelle Veranstaltungen statt. 1760 kam es dann zur Errichtung der Klosterbibliothek, die in künstlerischer und vor allem wissenschaftlicher Hinsicht in Bayern
unerreicht war. Allerdings war es den Zisterziensern nicht lange vergönnt, sich in diesem Ruhm und Glanz zu sonnen, denn die Säkularisation von 1803 beendete auch hier das klösterliche Leben.
Als am 21. März 1803 der Aufhebungskommissar dem Konvent unter Abt Urban Tremel die Aufhebung verkündete, stand ein blühendes Kloster mit 42 Mönchen nach beinahe sieben Jahrhunderten vor seinem jähen Ende. Während die Mönche eine kleine Pension erhielten oder als Pfarrer in der Umgebung ein Unterkommen fanden, wurden die Bediensteten im wahrsten Sinne des Wortes brotlos. Die riesigen Besitztümer wie Fischteiche, landwirtschaftliche Anwesen, Wälder und das gesamte Mobiliar, die einst dem Kloster gehörten, wurden versteigert.
Die über 40 000 Bände umfassende Bibliothek
wurde aufgelöst. Handschriften, Inkunabeln sowie seltene Drucke kamen an die heutige Bayerische Staatsbibliothek nach München. Die restlichen Bücher, vornehmlich Drucke des 18. Jahrhunderts, gingen an die Universitätsbibliothek nach Landshut, der Vorgängerin der heutigen Universitätsbibliothek München, sowie das Gymnasium in Straubing. Die Amtsbücher und Akten wurden in das Bayerische Hauptstaatsarchiv verbracht. Die noch im Kloster verbliebenen
Bücher wurden zum Kilopreis als Altpapier verkauft. Der bescheidene Erlös fiel dem Kurfürstentum beziehungsweise dem Königreich Bayern zu. Neun Jahre nach der Säkularisation hat dann Johann Adam Freiherr von Aretin die Brauerei und einen Großteil der Klostergebäude erworben. Im Laufe der Zeit mussten aus wirtschaftlichen Gründen immer wieder Immobilien und Teile des klösterlichen Grundbesitzes verkauft werden. Der im Jahre 1983 gegründete Förderkreis Kloster Aldersbach übernahm das Kloster schließlich von der Familie Aretin und machte es sich zur Aufgabe, die
Gebäude des ehemals bedeutendsten Zisterzienserklosters in Bayern vor dem Verfall zu bewahren und einem zeitgemäßen Verwendungszweck zuzuführen – ein Vorhaben, das mittlerweile erfolgreich abgeschlossen ist.


Die heutige Klosteranlage gliedert sich in den der Kirche gehörenden Pfarrbereich, den gastronomischen Bereich und in eine
Bildungsstätte mit mehreren Seminarräumen. Die ehemaligen Mönchszellen werden als Gästezimmer genutzt, die anderen Räumlichkeiten, wie zum Beispiel der Modlersaal (ehemaliger Speiseraum des Abtes und seiner Gäste) dienen heute als Restaurant. Das Refektorium (Speisesaal) des Klosters dient heute als Festsaal der Brauerei Aldersbach und ist in das Br.ustüberl integriert. Im früheren Schulgebäude ist heute das Rathaus untergebracht, die ehemaligen Ökonomiegebäude werden als Bauhof der Gemeinde genutzt, und im klösterlichen Krankenbereich befindet sich der örtliche Kindergarten. Pünktlich zur Eröffnung der Bayerischen Landesausstellung „Bier in Bayern“ im Frühjahr 2016 präsentierte sich das Kloster Aldersbach wieder vollständig in seiner einstigen Pracht. Das ebenso behutsam wie mit großem finanziellen Aufwand renovierte Ensemble zählt zu den schönsten Klosteranlagen im gesamten süddeutschen Raum. Nur ein Ziel haben die Aldersbacher seit der Säkularisation bis jetzt noch nicht erreicht: die Wiederbelebung des klösterlichen Lebens. Von 1990 bis 2004 lebte mit Pater Stephan Holzhauser aus dem österreichischen Stift Zwettl zwar ein Zisterziensermönch in Aldersbach, ihm folgte bisher aber kein weiterer Mönch aus dem Gründerorden nach.